Prof. Dr. Peter Funke

Wenn nach politischen Errungenschaften gefragt wird, die als Erbe des antiken Griechenland noch bis in unsere Gegenwart hinein ihre Wirkung entfalten, dann wird meistens auf die athenische Demokratie verwiesen. Und in der Tat beruht unser heutiges Demokratieverständnis ganz wesentlich auf antiken Wurzeln, obgleich doch auch sehr gravierende Unterschiede zwischen antiker und moderner demokratischer Theorie und Praxis bestehen. Der Verweis auf die athenische Demokratie greift aber ohnehin zu kurz, wenn es darum gehen soll, das Wesentliche des politischen Erbes der Antike zu bestimmen. Es wird allzu oft übersehen, dass es vieler Voraussetzungen und einer langen Entwicklung bedurfte, damit Demokratie – wie übrigens auch alle anderen Staatsformen – in der Antike überhaupt denkbar und dann auch praktizierbar wurde.

Wenn die antike Demokratie die radikalste Form der umfassenden Teilhabe an den politischen Entscheidungsprozessen war, dann musste erst einmal die Möglichkeit einer solchen Teilhabe prinzipiell erkannt und dann auch eingefordert beziehungsweise zugestanden werden. Das war ein langer und hart umkämpfter Prozess, der in der griechischen Staatenwelt – weltgeschichtlich betrachtet zum ersten Mal überhaupt – das entstehen ließ, was heute Politik genannt wird. Der historische Weg, wie die Politik im antiken Griechenland als etwas ganz Neues in die Welt kam, soll von seinen Anfängen in den Zeiten Homers bis zur Eroberung Griechenlands durch die Römer nachgezeichnet werden.